- Die Wanderwege auf Organic Map sind in Italien unzuverlässig.
- Die Velowege passen hingegen gut.
- Geheimtipp Sentiero Italia: Ein Wanderweg zum Verlieben – auch für Biker.
«Achtung Treppe, oh und hier eine Brombeerranke. Stopp, ein Zaun!»
So oder ähnlich klingt es, wenn wir uns von Organic Maps durch den Mezzogiorno leiten lassen. So tänzeln wir lustvoll auf schmalen und reizvollen Wegen entlang von Bächlein und Hecken, entdecken verlassene Häuser und Schlangen am Wegesrand, die auf sonnengewärmten Steinen ruhen.
Das kann zu romantischen, aber auch brenzligen Situationen führen. Denn die App schlägt im Wandermodus gerne Wege vor, die sich im Nichts verlieren.
Heute leitet es uns von unserem Ausgangsort Ceglie Messapica durch Alleen voller Feigenbäume, Riesenkakteen, Weinreben und Olivenhaine Richtung Westen. Die neulich restauriertn Trockensteinmauer, die sich durch die ganze Region ziehen, wirken auf uns wie eine Weggefährten. Die fahle Sonne verleiht der Szenerie einen Hauch von Westernstimmung, bis …
… dieses besagte Organic Maps uns auf die Probe stellt. Der Single Trail flowt durch 100-jährige Olivenbäume hinunter ins Tal zu einer Aussichtsplattform. Wir erahnen am Horizont das ionische Meer, unser nächstes Etappenziel.
Nach dem Staunen orientieren wir uns neu. Wo führt der Weg nun weiter? Vor uns ein Abgrund.
Ah, dort gibts einen Ziegenpfad. Kurz überlegen wir, ob wir das 30-Kilogramm schwere Gefährt hinunter jonglieren wollen. Aber auf diesen Kraftakt haben wir heute dann doch keine Lust.
Also halten nach einem Umweg Ausschau. Wir erspähen einen kleinen Weg zu einem Hof in der Nähe, der das landwirtschaftlich genutzte Land mit dem regulären Verkehrsnetz verbindet. Der Hof ist zwar privat, was in Italien oft auch Ketten und geschlossene Hoftore bedeutet. Da müssen wir durch.
Jürg fährt voraus, ich mit mulmigem Gefühl und etwas Abstand hinterher. Wir umrunden ein Wohnhaus. Plötzlich schnellen aus dessen Schatten Hunde heraus. Sie begrüssen uns «herzlich» und lassen keinen Zweifel daran, dass wir stören. Sie hängen sich an Jürgs Waden.
Beissen Sie zu?
Wohl nicht: Ich höre, wie er beschwichtigend auf sie einredet. Normalerweise steigt er dazu vom Rad, doch heute lässt er das sein, denn das Rudel wird immer grösser. Fünf, sechs, sieben! Nein: Acht gar sind es! Wo haben die bloss gesteckt?
Schnell zum Tor hinaus in die Freiheit.
Es ist geschlossen.
Also eine Extrarunde ums Gebäude mit der Meute hinten dran und zurück in den Olivenhain.
In den Oliven verlieren die Vierbeiner ihr Interesse an uns. Wir finden wir dann einen anderen Pfad, der etwas gemächlicher in die Ebene führt. Wir atmen auf, als wir auf der naturbelassenen Landstrasse ankommen.
Da wir genug Abenteuer erlebt haben, schalten wir Organic Maps nun auf den Bike-Modus um: flowige Trails, mehrheitlich verlassene Felder, am Schluss noch ein Feldarbeiter, die Oliven von den Bäumen schütteln.
Beim Schreiben dieser Zeilen fällt mir der Sentiero Italia wieder ein, den wir in Locorotondo zufälligerweise entdeckt haben.
Der Sentiero Italia ist einer der längsten Wanderwege der Welt und ein echtes Paradies für Wanderfreunde. Auf flachen Abschnitten eignet er sich auch für Velofahrer, denn er ist gut ausgebaut, hübsch angelegt. Wir haben ihn im Oktober menschenleer angetroffen, so haben wir mit unseren grossen E-Mountainbikes auch keine Wanderer erschreckt.
Wanderwege in Italien:
- Auf Wanderwegen ist der Charme des Mountainbikens gross, besonders wenn man abgelegene und selten begangene Routen wählt.
- Was für die Schweiz gilt, kann in Süditalien abenteuerlich werden. Nicht selten befinden sich eingezeichnete Pfade auf privatem Grund und werden deshalb mit Ketten und Toren abgeschlossen. Besonders aufgefallen ist das in der Region Kampanien (Neapel, Amalfiküste, Pompeji, Sorrent und Vesuv). Dort darf man sich nicht auf die Wege auf den Open-Source-Maps wie Organic Maps verlassen.
- Die von den Apps vorgeschlagenen Velorouten allerdings sind zuverlässig. Zwar führen sie oft über Asphaltstrassen, doch die gewählten Routen zeigen meist das unberührte Italien.
- Der Sentiero Italia führt über 7’000 Kilometern durch ganz Italien – vom Norden in den Alpen bis in den Süden auf die Inseln Sizilien und Sardinien. Der Weg durchquert dabei 20 Regionen und umfasst mehr als 350 Etappen.